Samstag, 28. Juni 2014


983 - Veroneser Schenkung

Der 13. Juni 983 ist eines der einschneidensten Daten für den Rheingau. Otto II. (936-973) hielt einen Reichstag in Verona ab, um nach der vernichtenden Niederlage im Juli 982 bei Columna, nördlich von Reggio di Calabra, die italienischen Verhältnisse zu klären, aber auch der Fürstenopposition (eine solche hatte damals ein Kaiser) zu begegnen. Dieser Reichstag begann Pfingsten 983.
Otto II. übergab an diesem Tage den Rheingau an den Erzbischof von Mainz, Williges. Die Gründe dieser Schenkung sind nicht ganz geklärt. In der Urkunde wird erwähnt, dass „…dies auf  die Bitte unserer Herrin und ehrwürdigen Mutter Adelheid und auf die Verwendung unserer geliebten Gattin Theophanu desgleichen auf die Fürbitte des Erzbischofs Giselher und des Bischofs Theoderich von Metz…“ erfolgt sei. Williges (940-1011) stammte aus Schönigen in Niedersachsen und war schon unter Otto I. Kanzler des Reiches. Er behielt die Funktion auch noch bei Heinrich II. bei.
Die deutschen König waren Nachfolger der fränkischen Könige, die die römischen Fiskalgüter übernommen hatten, darunter die Umgebung der Orte Bacharach, Bingen und Mainz. Mit der Schenkung übertrug Otto „…innerhalb und außerhalb der Stadt Bingen, in allen Dingen, wo immer dieselben liegen mögen, oder wer immer dieselben als Lehen besitzt, sobald sie nur von Rechts wegen dorthin gehören; und dass ihnen zustehen soll der Bann auf dem Gebiete der Stadt und in den angrenzenden Ortschaften, sodann jener Bann, der insgemein Bannpfennig heißt, und sich diesseits des Rheines von der Brücke über die Selzbach erstreckt bis nach Heimbach, jenseits des Rheines aber von der Stelle, wo das Elzbächlein in denselben fließt (bei Oestrich), bis zu dem Dörflein Caub ("cis Renum a ponte super Salisum rivum extento usque Heinbach, ac citra Renum, ubi Elisa rivulus influit, usque ad Cubam villulam")…“

Bis zur durch Napoleon durchgeführten Säkularisation 1806 blieb der Rheingau im Besitz des Mainzer Erzbistums. Durch die Auflösung der Kirchenbesitztümer als Ausgleich für verlorenen linksrheinischen Besitz kam die blühende Region an das Herzogtum Nassau, nach dessen Niederlage im preußisch-österreichischen Krieg 1866 an Preußen und schließlich in das Bundesland Hessen.  Als Relikt dieser Zeit ist  heute noch in vielen Stadtwappen das Mainzer Wagenrad  zu sehen.

Über die Zeit des Veroneser Reichstages ist nichts bildlich dokumentiert. Das Wenige ist meist erst deutlich später gemalt und damit verfremdet. Zur Kleidung wissen nur, welche Naturfarben man damals herstellen konnte. Zwar gab es wohl schon um 800 herum Fahnen, aber nicht im heraldischen Sinne. Sie waren meist einfarbig oder nur mit einfachen, christlichen Motiven (Kreuz, Kelche oder Engel) versehen. Ob überhaupt bei dem Ereignis, wie von mir dargestellt, Fahnen und Waffenträger dabei standen, weiß man nicht. Auch ist das Gebäude des Ereignisses nicht in seiner Art bekannt. Also bleibt nur übrig, Vergleichendes heranzuziehen.


Von den uns überlieferten Teilnehmern sehen wir: Kaiser Otto mit Krone den Erzbischof Williges ansprechend, ein Mönch hält neben dem Bücherpult stehend die Urkunde. Die Kaisermutter Theophanu steht rechts ein Kreuz vor die Brust haltend, neben ihr die Herzogin Beatrix von Oberlothringen, die Kaiserin Adelheid links im roten Gewand. Der Erzbischof Egbert von Trier im blauen Gewande und sein Amtsbruder Gisiler von Magdeburg mit dem Rücken zu uns. Bischoff Wolfgang von Regensburg hebt segnend die Hand und hinter ihm steht in der Mönchskutte Bischof Notker von Lüttich. Ein Mönch schreibt auch Notizen, während sein Bruder das Kreuz schützend über den Kaiser hält, andere disputieren im Hintergrund und ein paar Soldaten demonstrierend des Kaisers Macht. Zum Ereignis wird die Fanfare geblasen, Lakaien tragen Zierhelme als Zeichen der Macht herein.

An weiteren Teilnehmern sind überliefert: der Kronprinz Otto, der Patriarch Rodald von Aquileia, die Bischöfe Petrus von Pavia, Adam von Parenzo, Petrus von Como, Dietrich von Metz, Albuin von Brixen, die Äbte Ramwold von Regensburg, Maiolus von Cluny, Rudolf von Kempten, der Kapellan Hugo, der Herzog Otto von Kärnten, der Liutpoldinger Heinrich (Sohn Herzogs Berthold von Bayern), die Grafen Otto und Wilhelm, sowie Konrad, Graf im Rheingau und in der Wingarteiba.

Otto der II starb infolge eine Malariainfektion schon im frühen Alter von 28 Jahren am 07. Dezember 983. Insofern war es gut, dass der noch dreijährige Sohn als Otto III schon auf dem Reichstag als König gewählt worden war und drei Wochen nach dem Tode des Vaters in Aachen zum deutschen König geweiht werden konnte.